Sättigungseffekt von flüssiger und fester Nahrung - Einfluss der Viskosität


Die Energiezufuhr über Getränke scheint den Appetit weniger zu reduzieren als eine vergleichbare Energiemenge, aufgenommen aus fester Nahrung (Mourao et al. 2006). Wird ein wesentlicher Teil der Kalorien durch Getränke konsumiert, so wird häufig eine positive Energiebilanz mit Gewichtszunahme beobachtet, da diese zusätzliche Energiezufuhr aus Getränken nicht durch eine geringere Nahrungsaufnahme kompensiert wird.

Der Vergleich von fester und flüssiger Nahrung mit gleichem Energiegehalt und Geschmack offenbart einen signifikant höheren Sättigungseffekt von Nahrungsmitteln in fester Form. Beim Vergleich der Energieaufnahme bis zum Eintritt des Sättigungsgefühls von einer flüssigen im Vergleich zu einer halb-festen (Creme) Speise zeigte sich eine um 47 Prozent höhere Energieaufnahme aus der Getränkezubereitung (de Wijk et al. 2008). Auffällig war die geringere Menge, die von den Probanden pro „Bissen“ der Creme im Vergleich zur Aufnahme pro Schluck des Getränkes konsumiert wurde. Sobald der Aufwand des „Verarbeitens“ bzw. des Schluckens der Creme im Mund entfällt, nähren sich die für eine Sättigung konsumierten Mengen von flüssiger und halb-fester Nahrung wieder an.

Eine weitere Untersuchung von Zijlstra et al. 2008 konnte diese Ergebnisse bestätigen. Sie dokumentierten einen Unterschied von 30 Prozent bei der Aufnahme von flüssiger bzw. halb-fester Nahrung mit gleichem Energiegehalt bis zum Eintritt der Sättigung. Bemerkenswert war, dass die Aufnahme in halb-flüssiger Form (als Shake) genau zwischen der flüssigen und halb-festen Zubereitungsform lag (+14 Prozent). Wird die Aufnahmerate, (d.h. die Zeit, die für jeden Schluck oder Bissen gebraucht wird) angeglichen, so reduziert sich die höhere Energieaufnahme aus dem Getränk im Vergleich zur halb-festen Zubereitung von 30 auf 12 Prozent. Die Autoren schlussfolgern, dass eine höhere Viskosität zu einer reduzierten Gesamtaufnahme führt und das diese niedrigere Aufnahme vor allem durch die geringere Aufnahmegeschwindigkeit bedingt ist (Zijlstra et al. 2008).



Durch die längere Verweildauer einer hoch-viskösen Zubereitung im Mund kommt es zu einer verlängerten oro-sensorischen Stimulation, die nach Untersuchungen von Mars et al. 2009 ein wichtiger Baustein für die gelernte Sättigung (learnd satiation) ist. Dieser Lernprozess ist wichtig für die Auswahl der „richtigen“ Portionsgröße bei wiederholtem Verzehr des gleichen Lebensmittels.


Eine weitere Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Frage, ob die Viskosität des angebotenen Nahrungsmittels sich auch auf die längerfristige Sättigung bis zur nächsten Mahlzeit auswirke. Während die oben zitierten Studien sich auf die akute Sättigung (Satiation), die zur Beendigung der Nahrungsaufnahme führt, bezogen, wurde von Solah und Mitarbeitern 2010 geprüft, ob das Wiederauftreten des Hungergefühls bis zu 4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme (Satiety) von der Viskosität beeinflusst wird.


Das Ergebnis war eindeutig: Zubereitungen mit hoher im Vergleich zu niedriger Viskosität reduzieren bei gleichem Energiegehalt das Hungergefühl stärker. Ein interessanter Nebenbefund war, dass das Hungergefühl durch die Viskosität stärker beeinflusst wird als durch den Proteingehalt (Solah et al. 2010). Anzumerken bleibt, dass der stärker sättigende Effekt eines hohen im Vergleich zu einem niedrigen Proteingehalt der Mahlzeit als gesichert gelten kann.


Fazit: Der Sättigungseintritt nach Aufnahme flüssiger Speisen oder kalorienhaltiger Getränke ist verzögert. Das Ausmaß der Sättigung entspricht zudem nicht dem Energiegehalt einer vergleichbaren Speise in fester Zubereitungsform. Eine hohe Viskosität erhöht den Sättigungseffekt flüssiger Speisen. Durch eine langsame Zufuhr bzw. verzögerte Aufnahme lässt sich der geringere Sättigungseffekt flüssiger Lebensmittel zum Teil kompensieren. 


Link: Gibt es besonders sättigende Lebensmittel?

http://wirksam-oder-unwirksam.blogspot.de/


Literatur:

1. de Wijk RA, Zijlstra N, Mars M, de Graaf C, Prinz JF.The effects of food viscosity on bite size, bite effort and food intake. Physiol Behav. 2008 Oct 20;95(3):527-32. Epub 2008 Aug 5.
2. Zijlstra N, Mars M, de Wijk RA, Westerterp-Plantenga MS, de Graaf C. The effect of viscosity on ad libitum food intake. Int J Obes (Lond). 2008 Apr;32(4):676-83.
3. Mars M, Hogenkamp PS, Gosses AM, Stafleu A, De Graaf C. Effect of viscosity on learned satiation. Physiol Behav. 2009 Aug 4;98(1-2):60-6.
4. Mourao DM, Bressan J, Campbell WW, Mattes RD. Effects of food form on appetite and energy intake in lean and obese young adults. Int J Obes (Lond). 2007 Nov;31(11):1688-95. Epub 2007 Jun 19.
5. Solah VA, Kerr DA, Adikara CD, Meng X, Binns CW, Zhu K, Devine A, Prince RL. Differences in satiety effects of alginate- and whey protein-based foods. Appetite. 2010 Feb 6. [Epub ahead of print]

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